Mittwoch, 11. Dezember 2024

Englandfahrt der ERS Beckingen 2003

Beckingen & England, September 2003

Wohlbehalten, um viele Eindrücke, Erfahrungen und Sprachkenntnisse reicher, kehren 29 Schülerinnen und Schüler aus den Klassen 9 und 10 der Erweiterten Realschule Beckingen von ihrer Englandfahrt von Samstag, 20.09. bis Freitag, 26.09.2003, zurück.

Bei schönem und noch warmen Wetter verlief unsere Anreise seit den frühen Morgenstunden (7:30 Uhr !!! – und ein schulfreier Samstag!!!) über Luxemburg, Belgien und Frankreich nach Calais. Während der eineinhalbstündigen Überfahrt konnte man den Bewegungsmangel der langen Busfahrt ausgleichen und sich mit Unterstützung der Bordgastronomie stärken. Spätestens als die beeindruckenden Kreideklippen von Dover sichtbar wurden, fanden sich die meisten staunend auf Deck ein.

Gegen 16:00 Uhr (GMT – die Uhren waren mittlerweile um eine Stunde zurückgestellt) setzten wir die Fahrt zu Lande fort. Noch ca. 260 Kilometer waren zu bewältigen. Der Bus erreichte das Ziel, einen Busparkplatz in einem Park im Osten der Stadt Bournemouth im Süden Englands mit Beginn der Dämmerung. Beim Schein von Taschenlampen gab es die ersten Kontakte mit den sich rasch einfindenden Gasteltern.

Am Sonntagvormittag stand zunächst die Besichtigung des facettenreichen Gartens von Compton Acres, hoch über der Nachbarstadt Bournemouth’ Poole, mit ihrem nach Sydney zweitgrößten Naturhafen der Welt, auf dem Programm.

Der Ort fasziniert den Besucher mit typischen Vegetations- und Architekturelementen der Gärten verschiedener Länder wie Japan, Italien, Spanien und England; aber auch eine Vorstellung von Naturlandschaften wie kanadischen Wäldern oder schottischen Heiden wird vermittelt. Leider gab uns das diesige Wetter nie so recht den Blick frei auf die in Reiseführern für ihre zauberhafte Form gerühmte Bucht.

Nachmittags kutschierte uns der Fahrer der Fa. Becker, Herr Thiel, mit seinem Bus 30 Kilometer weiter gen Westen nach Lulworth. Hier unternahmen wir eine Wanderung auf dem Küstenpfad von Lulworth Cove nach Durdle Door, zwei Highlights unter Englands Küstenspektakeln. Bei Lulworth Cove handelt es sich um eine fast kreisrunde Bucht, die vor etwa 10.000 Jahren durch die Erosion eines Fließgewässers und des Meeres entstand, bei Durdle Door um einen herrlich geformten Sandsteinbogen als Kulisse hinter einer kleinen Bucht. Der Küstenabschnitt gehört zum Weltnaturerbe. Anschaulich vermittelt der durch die abtragende Kraft der Stürme und Gezeiten freigelegte Fels eine Vorstellung von der Entstehung und Veränderung der Erdoberfläche durch ungeheure Gewalten, beginnend vor 150 Millionen Jahren und bis in unsere Zeit hinein wirkend.

Lulworth Cove und Durdle Door trennt eine Entfernung von 1,5 Kilometern. Weil jedoch 130 anstrengende Höhenmeter zu überwinden waren schaffte es nur ein Teil der Gruppe sich von der Schönheit von Durdle Dor zu überzeugen.

Für Montag hatten wir uns die Besichtigung der Stadt Salisbury, ca. 50 Kilometer nördlich von unserem Quartier gelegen, vorgenommen.

Salisbury gilt neben Bath als die schönste Stadt im Süden Englands. Schon bei der Anfahrt grüßte von weitem der mit 124 m Höhe höchste Kirchturm des Landes. Mit etwas Verspätung (Parkplatzsuche!) überquerten wir die mit schönen alten Häusern eingefasste Domfreiheit, den riesigen Rasenplatz, in dessen Mitte sich die einzigartige gotische Kathedrale erhebt. Unser Führer – ein freundlicher älterer Herr, der als Soldat in Rheinland-Pfalz Deutschkenntnisse erworben hatte wartete bereits. Nach der Begrüßung informierte er über die Ursprünge der Stadt (Old Sarum, ein seit der Eisenzeit besiedeltes Hügelfort außerhalb) und ihre Geschichte, die 45-jährige Bauzeit (1220 –1265) der Kirche, die Herkunft der verbauten Natursteinarten. Auf einem anschließenden Rundgang zeigte er uns einige interessante Details, wie Englands ältestes, vermutlich um das Jahr 1386 angefertigtes Uhrwerk, das heiter-bunte Grabdenkmal der Familie Mompesson, wie sich die sich die vier Hauptsäulen des ursprünglich nicht geplanten erst 1315 vollendeten Turmes, unter der ungeheuren Last von 6400 Tonnen Stein, krümmen.

Für den, der sich nach der Führung noch weiter umschauen wollte gab es die Möglichkeit den Kreuzgang der Kathedrale zu bewundern, im Kapitelhaus ein ausgestelltes Original der Magna Charta, einer Verfassungsurkunde (1215), in der Adel und Kirche dem verhassten König weitreichende Rechte abtrotzten, zu betrachten oder, wie in vielen englischen Kirchen angeboten, einen Imbiss zu sich zu nehmen.

Im Verlauf der anschließenden Erkundung der Altstadt konnte man dem Avon durch das Stadtzentrum folgen, rund um den Marktplatz flanieren und das prachtvolle Marktkreuz Poultry Cross bestaunen, sich in der Milford Street das aus dem 14. Jh. stammende Red Lion Hotel anschauen, in dessen verwunschenem, efeuumrankten Innenhof früher die Postkutschen einfuhren. Gestärkt und ein wenig ausgeruht setzten wir nachmittags unsere Fahrt noch rund 20 Kilometer weiter gen Norden, nach Stonehenge, zum berühmten 3500 Jahre alten Steinkreis, dem größten steinzeitlichen Monument Europas, fort. Bei schauerlich stürmisch-kaltem Wetter umrundeten nur einige Unerschrockene, die sich nicht vor drohender Durchnässung fürchteten die Anlage.

Dienstagmorgen trafen wir uns im Kingspark am Bus, um gemeinsam zur nahegelegenen Porchester School zu pilgern. Nach einer kurzen Begrüßung durch den Leiter Herrn Idle wurden wir in kleinen Gruppen auf verschiedene Klassen aufgeteilt und nahmen den Vormittag über am Unterricht teil. Vor einem abschließenden Imbiss in der Schulkantine unterhielten sich Herr Idle und einige Schüler mit uns über unsere Eindrücke und beantworteten unsere Fragen. Der Nachmittag stand für Erkundungen auf eigene Faust zur Verfügung. Wir spazierten zunächst noch gemeinsam durch den Stadtteil Boscombe bis zum gleichnamigen Pier, den wir als Treffpunkt für den „Heimweg“ vereinbarten.

Ungefährdet vom Verkehr der Großstadt war das Zentrum von Bournemouth in etwa 1,5 Kilometer Entfernung über die Strandpromenade zu erreichen. Zu bestaunen am Undercliff Drive: die Schrägaufzüge, die bequem den Strand unterhalb der steilen Klippen erschließen. Lohnende Ziele in der City waren das Ozeanarium, der herrliche Park, in dem ein riesiger Ballon Besucher über die Stadt hebt oder die Bournemouth Pier (im Bildhintergrund die Isle of Wight). Freunde von Gruselgeschichten pilgern zum Grab von Mary Wollstonecraft-Shelly, der Autorin des Romans Frankenstein, auf den Friedhof der St.-Peters-Kirche. Möglichkeiten zum Einkaufen und Ausruhen gab es mehr als genug.

Mittwochs mussten wir bis kurz nach 10 Uhr die 90 km bis Portsmouth zurückgelegt haben. Der Weg führt vorbei an der Landschaft des New Forrest und Englands wichtigster Hafenstadt Southhampton, von der aus 1912 das damals größte Passagierschiff der Welt, die Titanic in See stach. Der rund 350 km2 große, unter Naturschutz stehende New Forest, ein wunderschönes, ruhiges Wald- und Heidegebiet, einer der landschaftlichen Höhepunkte im Süden Englands, lädt zu Wanderungen und Spaziergängen ein. Wilhelm der Eroberer ließ die damals dichtbewaldete Region 1079 exklusiv für seine Jagdgesellschaften reservieren. Das englische Wort Forest, heute allgemein mit „Wald“ übersetzt, bezeichnete in jenen Tagen den königlichen Forst, der ausschließlich dem Nutzen des Herrschers diente.

Im Zentrum des New Forest liegt das Landstädtchen Lyndhurst, in dem ein Informationszentrum den interessierten Besucher tiefer mit der Fauna und Flora der Region bekannt macht.

Portsmouth glänzt durch seinem großen Reichtum an Sehenswürdigkeiten und Zeugnisse der Seefahrtsgeschichte. Im Historic Dockyard besuchten wir die Schiffe Mary Rose aus der Zeit Heinrichs VIII, die HMS Victory, das Flagschiff Admiral Nelsons und sahen den Dreimaster HMS Warrior, den Stolz der viktorianischen Marine, das stärkste Kriegsschiff Heinrich VIII.

Nach einem Imbiss auf dem historischen Hafengelände vermittelte uns eine Hafenrundfahrt auf einem Katamaran einen Überblick über die Vielfalt moderner Seeschiffe, Hafeneinrichtungen und Funktionen. Das Programm des Tages endete in einer modernen Halle. An sogenannten Action Stations (z.B. Flugsimulator, Landungsbootsimulator, Simulatoren für Waffensysteme, motorbetriebene Kletterwand, …) gewährte man uns Einblicke ins Leben der modernen Marine. Von einem integrierten Internetkaffee aus, versandten einige trotz Hindernissen Botschaften in die Heimat.

Am Donnerstag hieß es in der Frühe Abschied von den Gasteltern nehmen und Start zur Rückreise über London (ca. 180 km). In der Nähe von Marble Arch stiegen wir aus. Zunächst mussten in der Park Lane noch Eintrittskarten für Madame Tussauds gekauft werden. Eine kurze Etappe mit einem Sightseeing-Bus bis zur Ecke Bakerstreet/Marylebone Road, das Wachsfigurenkabinett war erreicht.

Die beliebte Touristenattraktion zieht jährlich 2,5 Millionen Besucher an. Unsere Mittagspause verbrachten wir im Sonnenschein auf dem Rasen des nahegelegenen Regents Parks. Danach war eine Sightseeing-Tour mit einen Doppeldecker-Bus 5314 angesagt. Bei Sonnenschein, aber allmählich kühler werdenden Temperaturen, flitzten – begleitet von Kommentaren aus kleinen Kopfhörern – vorbei: Picadilly Circus, Trafalgar Square, Downing Street, Houses of Parliament mit „Big Ben“5300, und seiner weltberühmten 13 Tonnen schweren Glocke, das zur Jahrtausendwende eingeweihten größte Riesenrad der Welt, das „London Eye“, von dem aus bei gutem Wetter aus 135 Meter Höhe das fast 40 Kilometer entfernte Windsor zu sehen ist, die St. Pauls Kathedrale, die Tower Brücke, Shakespeares Globe Theater, Westminster Abby und schließlich die Endstation für uns: Hyde Park Corner. Aus dem fahrenden Bus gelang dem einen oder anderen auch ein Schnappschuss auf den Canary Wharf Tower (in den fünfziger Jahren lagerten hier Bananen und Tomaten von den Kanaren!) dem wirtschaftlichen Zentrum der Docklands und mit 237 Metern höchsten Gebäude Groß-Britanniens (der amerikanische Architekt argentinischer Herkunft Cesar Pelli schuf auch den Petronas Tower in Kuala Lumpur!) oder die neue City Hall, mit dem mietbaren „Wohnzimmer Londons“ im 10. Stock, eine gewagten Konstruktion aus Glas, Stahl und Beton entworfen vom Architekten der Berliner Reichstagskuppel Norman Forster. Forster schuf auch die „Glasgranate“, den Swiss-Re-Turm von fast 200 Metern Höhe und die 325 m lange stählerne Millennium Brücke, die erste Flussüberquerungsmöglichkeit für Fußgänger über die Themse in Zentrallondon (Höhe St. Pauls Kathedrale) seit über einem Jahrhundert.

Nach etwa zwei Stunden Sitzen und angestrengtem Spähen und Lauschen freuten wir uns auf ein abschließendes Shopping im Stadtteil Soho. Den Weg dorthin hatten wir so gewählt, dass das bekannte Hard-Rock-Kaffee zum Souvenirkauf angesteuert werden konnte. Als sich bereits mit Einbruch der Dunkelheit alle wohlbehalten an der Eros Statue am Picadilly Circus eingefunden hatten, und wir gemeinsam zum Bus Richtung Trafalgar Square pilgerten, stimmte man wohl darin überein, dass ein Besuch bei weitem nicht ausreicht, denn in London ist alles überdimensional.